Mieten statt kaufen – Geschäftsmodell der Zukunft?

In unserer heutigen Gesellschaft und Wirtschaft dominiert eine „Take-Make-Waste-Philosphie“, was sich im vorherrschenden, linearen Verkaufsmodell widerspiegelt. Wir fördern, wir produzieren, wir verbrauchen und wir werfen weg. Der Umsatz eines Unternehmens wird durch das Verkaufsvolumen und den damit einhergehenden Ressourcenverbrauch bestimmt, die Langlebigkeit eines Produktes ist für den Hersteller mehrheitlich ein Nachteil. In unserem heutigen Wirtschaftssystem ist Wachstum also eng an den Ressourcenverbrauch gekoppelt. Folge davon ist, „dass Schätzungen zufolge nur 9 % der entnommenen Ressourcen nach ihrer ersten Verwendung als Input für neue Produkte in das Produktionssystem zurückgeführt werden. Dieses Wirtschaftsmodell ist auf Kollisionskurs mit der Natur und muss sich ändern.“ – Naoka Ishii (Lacy et al., Vorwort xi, 2020)​ Doch was für Alternativen gibt es zu diesem Wirtschaftsmodell? Wie können wir Produkte und Wertschöpfung neu denken?

 

Eine Antwort darauf kann das Konzept der Kreislaufwirtschaft geben. Denn ein kreislauffähiges Wirtschaftsmodell ist im Gegensatz zu einem linearen „Take-Make-Waste“ System von Natur aus regenerativ und zielt darauf ab, das Wachstum schrittweise vom Verbrauch endlicher Ressourcen zu entkoppeln. Und wie kann die Umsetzung dieser Idee in der Praxis aussehen? Ein Beispiel dafür bietet das Wirtschaftsmodell „Product as a service“ – auch PSS genannt. Bei dem Modell PSS behalten Unternehmen das Eigentum am Produkt und monetarisieren dessen Vorteile als Service; dabei bleiben sie in der Verantwortung für die Instandhaltung des Produkts und dessen Verwertung am Ende des Lebenszyklus‘. Produkte werden also nicht nur produziert und verkauft, sondern über ihren kompletten Produktlebenszyklus vom Unternehmen begleitet. Durch die Wartung oder eine Vermietung verlängert der Hersteller seine Wertschöpfungskette, erzielt dabei einen Mehrertrag und bindet den Kunden längerfristig. Das motiviert die Hersteller zu mehr Qualität und einem wartungsfreundlichen Design.

Potenzial für die Umsetzung von PSS bietet unter anderem die Textil- und Bekleidungsbranche. Denn hier sehen wir die Auswirkungen der „Take-Make-Waste-Philosphie“ besonders stark. Das lineare Wirtschaften der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass mittlerweile jede Sekunde weltweit eine Truckladung mit Textilien auf der Mülldeponie landet. Was dort nicht landet, liegt zu großen Teilen in unseren Kleiderschränken, da ¼ der Kleidung in deutschen Kleiderschränken nicht getragen wird. Die Folge von zu wenig genutzter Kleidung und dem mangelnden Recycling ist, dass dem System weltweit jedes Jahr mehr als 500 Mrd. USD an Wert verloren gehen. Darüber hinaus trägt diese Branche mit jährlich 1,7 Milliarden Tonnen CO2 signifikant zu den globalen Treibhausgasemissionen bei.

Doch es geht auch anders. Das zeigt UNOWN, ein Hamburger Unternehmen, welches einen Online-Leasing-Service für nachhaltige Premium-Mode anbietet. Im Angebot sind Artikel von mehr als 50 Marken, wobei der Fokus auf nachhaltigen, recyclebaren und tierfreundlichen Materialien, ressourcensparender Produktion und fairen Arbeitsbedingungen liegt. Als Kund*in kann man zwei Leasingmodelle wählen. Zum einen ist da die Leihe einzelner Teile, zum Beispiel für besondere Anlässe wie eine Hochzeit, für zwei oder vier Wochen. Zum anderen ein Monatsabo, Membership genannt, mit zwei, vier oder sechs Kleidungsstücken. Die Rücksendung erfolgt über eine Versandtasche, die mindestens zwanzigmal wiederverwendbar ist. Zurück bei UNOWN, werden die Sachen professionell gereinigt und gelangen dann wieder in den Leasingkreislauf. Dabei werden rund 40% der angebotenen Kleidungsstücke mindestens einmal in ihrem Leben repariert. Und das ist laut UNOWN auch gut so: „Reparieren ist der Schlüssel zu einem langen Leben. Wir reparieren kaputte Nähte, fehlende Knöpfe und kaputte Reißverschlüsse, damit die Gegenstände aus unserem Portfolio noch länger leben.“ Durch das Leasen können nicht nur C02 Emissionen gesenkt werden, sondern es werden auch Einsparungen beim Süßwasserverbrauch und beim Eutrophierungspotenzial der Meere erreicht. Das Erfolgsmodell von UNOWN zeigt, dass es möglich ist, Nachhaltigkeit mit Spaß an Mode zu vereinen. Ganz nach dem Motto: Man muss nichts besitzen, um es zu genießen.

Klar ist aber auch, dass die tatsächliche Nachhaltigkeit solcher Geschäftsmodelle immens davon abhängt, inwieweit das Mieten eines Konsumproduktes dessen Kauf ersetzen kann. Denn wenn Kund*innen zwar Kleidung mieten, trotzdem aber zusätzlich genauso viel Kleidung wie vorher kaufen, stellt das Leasing eine Zusatzbelastung der Umwelt – insbesondere durch den Transport –dar. Diese Tatsache zeigt, dass selbst das nachhaltigste Geschäftsmodell nur durch einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft sein volles Potenzial entfalten kann.

 

Weitere Informationen unter:

Beyond your Clothes (2021): Umweltauswirkungen, verfügbar unter: https://www.beyondyourclothes.com/de, Zugriff am: 29.05.2021.

Ellen MacArthur Foundation (2017a): A New Textiles Economy, verfügbar unter: https://www.ellenmacarthurfoundation.org/assets/downloads/publications/A-New-Textiles-Economy_Full-Report_Updated_1-12-17.pdf, Zugriff am:  17.05.2021.​

Lacy, P., Long, J., Spindler, W. (2020): The Circular Economy Handbook. Realizing the Circular Advantage, Springer Nature, London.

Piontek, F. et al. (2020): Environmental implication of casual wear rental services: Case of Japan and Germany.

https://unown-fashion.com/pages/sustainabilityreport